BassMuseum: Sadowsky Vintage Bass in Coral Salmon Pink. Von Hermann Eckholt - The Bass Hunter. Roger Sadowsky, Bassbauer in New York, traf ich zum ersten Mal in Los Angeles während der Namm Show 1995. Auf einem kleinen Messestand bot dieser sympathische Mann seine top verarbeiteten Instrumente an. Seine angestrebte Perfektion erkannte man – unter anderem – sofort an den fantastisch gearbeiteten Sattelkerben für die Saiten. Superfl ach wurden die Saiten über den ersten Bund geführt, und eine traumhafte Bespielbarkeit empfing den Spieler/ Tester. Aber auch die äußerst direkte Tonansprache ließ einen aus dem Staunen nicht mehr herauskommen.
Drei Wochen nach der schrecklichen Attacke auf das World Trade Center in New York am 11. September 2001 besuchte ich Roger in seiner damaligen Werkstatt am Broadway zum ersten Mal. Diese lag in den oberen Stockwerken des Hauses mit der Nummer 1600. Wenn die überdimensionalen Reklametafeln draußen an der Hausfassade nicht die Sicht aus Rogers Räumen versperrt hätten, wäre die Aussicht auf den turbulenten Times Square, dem Herzen New Yorks, aus diesen oberen Etagen großartig. Die kleine Arbeitsstätte platzte förmlich aus allen Nähten: Es war überall eng und vollgestellt, der Empfangsraum mit Tresen, in dem wir auch das Bild mit ihm und mir gemacht haben, war an den Wänden übersät mit überwiegend schwarz/weißen gerahmten Pressebildern.
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Da hing sie: das Who’s Who der Musikbranche. Die meisten Gesichter erkannte ich sofort, z.B. Paul Simon, Darryl Jones, Will Lee und natürlich auch Marcus Miller. Eine besonders schöne Widmung für den Hausherrn stand dort auf dem Bild: „Thank you Roger for the Marcus Miller Sound“. Es ist ja kein Geheimnis mehr, dass Marcus und Roger Sadowsky sich schon lange sehr gut kennen. Es war Roger, der Marcus für seinen Jazz Bass eine Badass-Brücke empfahl und auch montierte – ebenso wie den Stars Guitars-Preamp, auf dessen Sound später auch Sadowskys eigener Preamp getrimmt wurde. Spielt man auf einem seiner Jazz Bass-ähnlichen Bässe und fängt darauf an zu slappen, ist er sofort zu hören: Marcus Millers drahtiger Funk-Sound. Ein Genuss!
In Rogers Workshop habe ich auch die Bässe gespielt, die Will Lee in seiner Dave Letterman Show allabendlich spielte, da ist z.B. dieser blaue Bass mit Quilted Maple Top, Matching Headstock und D-Tuner. Will und Marcus sind ja enge Berater von Roger und erhalten von ihm natürlich auch schöne Sahneteilchen in Bassform zum spielen. So gibt es mittlerweile auch ein Will Lee-Sondermodel zu kaufen. Aber nicht nur die Funk-Experten sind den Sadowskys verfallen, sondern auch der ehemalige Metallica-Bassist Jason Newsted, der gleich elf Bässe auf einen Schlag (zum Preis von zehn) gekauft hat! Und auch die Bassikone Greg Lake (von Emerson, Lake & Palmer) ist ebenfalls im Sadowsky-Basslager angekommen.
Nach einiger Zeit ist Roger mit seinen Leuten aus der extrem hohen Mietzone Midtown New York nach Brooklyn in die Jay Street umgezogen. Der neue Workshop liegt in einem großen, bulligen Hauskomplex, direkt am Hudson River gelegen und nur einen Steinwurf von der berühmten Brooklyn Bridge entfernt. Dort traf ich überraschenderweise auf Mark Egan, den bekannten Fretless-Bassisten, der gerade seinen neuen Sadowsky-Bass abholte.
Viele von Sadowskys weltweit verstreuten Kunden fliegen nach New York, um ihr bestelltes Instrument persönlich abzuholen. Die neue Werkstatt ist super – Roger führte mich gelassen durch alle Räume, die einen sauberen und gepflegten Eindruck machen. Die Crew ist sehr nett, und auch der Showroom ist prima. Hier stehen einige beeindruckende Exemplare zum antesten bereit.
Aber ihr fragt euch nun bestimmt: „Was soll Roger Sadowsky mit seinen Bässen hier im Bass-Museum?“, wo doch bisher nur alte Schätzchen vorgestellt werden. Ganz einfach: Es gibt seit einiger Zeit die Vintage-Serie. Diese Bässe sind etwas anders als die normalerweise gebauten Edelteile, erhalten oft typische 60er-Jahre Finishes, Pickguards, sowie eine andere Elektronik mit zusätzlichem Vintage-Regler.
Ich habe mir die Zeit genommen, um mal diesen hier gezeigten Bass in der 60er-Farbe „Coral Salmon Pink“ mit einem sehr guten 64er Fender Jazz Bass zu vergleichen – und war überrascht, wie nah Roger mit seinem Nachbau am Original aus der Pre CBS-Zeit ist. Die schnelle und direkte Ansprache, der federleichte Erlekorpus, die Halsbreite oben am Sattel, das gesamte Spielfeeling auf einem schönen alten Bass ist tatsächlich da, wenn man einen Sadowsky Vintage um den Hals hängen hat. Unglaublich auch diese Kraft, die hinter diesem pinkfarbigen Bass steckt: Powervoll, klar und bassig kommt er daher – auf jeder Bühne ein Erlebnis!
Besonders gut gefällt mir der zusätzliche Vintage-Regler, eine Art Mittenregler, der nach meinem Geschmack auf den anderen Sadowsky-Modellen noch fehlte. Damit besitzt der Bass nun auch die vorher etwas vermissten Mitten im Sound, die ja schon sehr wichtig auf der Bühne sind, damit der Bass sich durchsetzen kann und die Musik kräftig nach vorne drückt. Vor allem hat man nun mit kleinen Handgriffen den Bass klanglich gut und schnell im Griff.
Die traditionell gehaltene Potiplatte beherbergt zwei Volumenregler (für jeden Tonabnehmer einen), gefolgt vom Mittenregler und dann ein Tandem-Poti, an dem oben die Höhen und darunter der Bassbereich anliegt. Die Klinkenbuchse ist an der Bodykante angebracht. Auf den Bildern ist meine bevorzugte Spieleinstellung gut zu erkennen: Damit kann auch nahezu jeder Mischer im Saal den Bass linear klanglich einfach übernehmen.
Der Hals ist sehr griffig und angenehm schlank, die Kopfplatte ist bei dieser Serie jedoch etwas dicker als sonst. Die Mechaniken mit großzügiger Übersetzung erlauben feines und genaues Stimmen. Auch bei diesem Bass ist der Sattel perfekt flach gekerbt worden. Der Hals hat ein dickes aufgeleimtes Griffbrett aus Brazilian Rosewood. Die Form ist wie bei alten Fender-Bässen als Slabboard-Griffbrett gestaltet worden, also von unten flach und gerade aufgeleimt und oben mit der üblichen Griffbrett Wölbung. Die Brücke finde ich auch sehr gelungen mit ihren für die Handflächen gut abgerundete Böckchen. Die Saiten brauchen deswegen nicht mehr vom Korpusende durch die Brücke gezogen werden, sondern können gleich von der Korpusmitte mit dem Ballend durch die Brücke und dann seitlich eingehakt werden. Die Tonabnehmer mit dem Sadowsky- Logo haben die gleiche Position und den gleichen Abstand zueinander wie beim alten 64er Fender Jazz Bass.
Angenehm ist natürlich auch das geringe Gesamtgewicht des Vintage Sadowskys mit gerade mal 3,8 kg – der Bass sitzt wie eine Lieblingsjacke! Der schön geschwungene Korpus ist etwas schlanker als bei den berühmten Vorbildern. Aber ehrlich gesagt sollte man dieses Kraft- und Soundpaket nicht mit anderen Bässen vergleichen, der Unterschied kann sehr extrem ausfallen und großen Frust auslösen. Ein Vergleich kann auch sogenannte Custom Shop-Bässe wie Billigheimer daherkommen lassen; schlapp, farblos und ohne Druck. Auch in Sachen Bundbearbeitung ist bei den meisten Mitbewerbern schnell das Ende der Qualitätsleiter erreicht. Die angenehm abgerundeten Fret-Enden fühlen sich gut an, auch nach einiger Zeit. Da steht kein Bund über, wie ich es in letzter Zeit oft bei anderen Bässen beobachten musste, bei denen oft nachgearbeitet bzw. nachgeschliffen werden muss, da viele Hälse leider nicht mehr lange genug gelagert werden, um eine gute Trockenheit bei der Verarbeitung zu gewährleisten.
Besonders erwähnenswert ist noch das Sadowsky/Incase Softcase. Nicht nur für Frauen ist das ein Traum mit seinen vielen praktischen Reißverschlussfächern. Unten befi ndet sich das Staufach für den Bass, darüber ein großes Fach für persönliche Sachen wie Noten, Unterlagen und ein Regencape für das gesamte Softcase – „für regnerische New Yorker Musiktage!“. Darüber ein zusätzliches Fach für Kabel oder Gurt, und davor noch eines für kleine Gegenstände wie Plektren, Stimmgerät – einfach genial!
Leider schlagen sich diese vielen kleinen positiven Details auch im Preis nieder: Er ist nicht ganz billig, so ein treuer Begleiter. Dafür ist dann aber jede Spielminute auf so einem Bass ist ein Genuss und jeden Dollar wert! Und ein 64er Pre CBS Fender Jazz Bass ist ja auch nicht gerade günstig zu bekommen. Wenn ich mich entscheiden müsste, würde ich diese beiden wohl mit auf eine einsame Insel nehmen. Vermissen würde ich da basstechnisch eigentlich nichts mehr... naja, vielleicht mal hin und wieder einen alten Rickenbacker 4001, aber eigentlich würden diese beiden Bassraketen locker ausreichen. Ein gut klingender Fender Pre CBS Jazz Bass (von denen ich euch demnächst einen hier im Bass-Museum vorstellen werde) und der Vintage Sadowsky Bass zählen für mich zu den besten Bässen überhaupt. Ok, gute Precision Bässe vor 1965 gehören auch noch dazu...
Roger Sadowsky ist für viele der anspruchsvollen New Yorker Musiker die Kultfigur schlechthin, übrigens auch durch seine mit größter Sorgfalt ausgeführten Reparaturen bei alten Instrumenten. Ein ruhiger, äußerst freundlicher und gelassener Mensch, der nie stehen bleibt und immer nach vorne schaut. Vielleicht hat er aus diesem Grund seine letzte Bleibe wieder verlassen und ist jetzt aufs schöne Long Island umgezogen. Elegant und prachtvoll eingerichtete Räume laden dort ein, ganz in Ruhe diese Trauminstrumente anzutesten. Ich werde eines Tages Roger in seinen neuen Räumen einen Besuch abstatten und hier im BASS PROFESSOR darüber berichten und auch mal ein ausgedehntes Interview mit ihm führen. Vielleicht habe ich dann sogar etwas Glück und ein Marcus Miller ist zufällig auch gerade anwesend...
Roger schrieb mir einmal in einer E-Mail, nachdem er Bühnenbilder von mir mit seinem Bass gesehen hatte folgenden Satz: „It makes you look very handsome!“ Dafür bedanke ich mich und sende viele Grüße an den Meister auf Long Island. Mehr Infos gibt es übrigens unter: www.sadowsky.com
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