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BassMuseum: Gibson Thunderbird 66/76

BassMuseum: Gibson Thunderbird 66 Non Reverse und 76 Bicentennial-Version.
Hallo, liebe Leser! Nachdem wir zuletzt gemeinsam höchste Jazz Bass-Gipfel erklommen haben, möchte ich in dieser Ausgabe mit euch in den Wald gehen. Denn da gehören diese kraftvollen Donnervögel aus dem Hause Gibson einfach klanglich hin: es tönt nach Holz – Natur pur! Leider wachsen in unseren heimischen Wäldern keine dicken Mahagoni-Bäume, aus denen die schönen Gibson Thunderbirds gebaut wurden, aber das naturbezogene Umfeld passt farblich trotzdem prima, schon allein wegen der schönen dezenten Two Tone Sunburst-Lackierung
.

Das ist nämlich das typische klassische Gibson-Finish. Wir hatten ja schon vor einigen Ausgaben den weißen, zusammengefl ickten 64er-Thunderbird von Martin Turner vorgestellt – hier seht ihr nun zwei fast neuwertige Musterexemplare an T-Birds. Warum sie noch so frisch aussehen? Nun, beim 66er-Thunderbird ist das wirklich ein seltener Fall: Im Jahre 1966 verguckte sich ein junger Student in diesen schönen Gibson-Bass und kaufte ihn – um viel später festzustellen, dass er leider kein Talent als Bassist hat. Dennoch wollte er diesen schönen Bass nicht wieder hergeben und hat ihn – bis vor ein paar Jahren – gehegt und gepflegt und dann noch zu Lebzeiten schließlich doch weitergegeben. Es ist wirklich ein großer Genuss, so alte und traumhaft klingende Tonmonster zu spielen. So etwas gibt es heute fast nicht mehr; die Kraft des Basses nimmt einen förmlich an die Hand. Möglich, dass man mit dieser Wucht auch Bäume fällen könnte... ich werde es aber nicht ausprobieren. Die Non Reverse-Form ist 1965 entworfen worden. Nachdem Fender sich beim ursprünglichen 64er Thunderbird-Modell wegen der Offset-Bodyform beschwert hatte, wurde das Non Reverse-Modell als Reaktion auf den Markt gebracht. Ironischerweise hatte dieses Modell größere Ähnlichkeit mit den Fender-Entwürfen als das vorherige. Leider hat sich diese Thunderbird- Version nicht so richtig durchgesetzt und der Non Reverse-Thunderbird verschwand 1969 wieder von der Bildfläche.

bp4_12_bmu_gibson_thunderbirds_096Danach wurde es erst einmal richtig still um die sonst so lauten und kraftvollen Donnervögel. Bis die USA im Jahre 1976 ihr „Bicentennial“-Fest feierten: den 200. Geburtstag der Unabhängigkeit der Vereinigten Staaten von Amerika. In diesem Jahr brachte Gibson ihre Firebird-Gitarre und den Thunderbird-Bass als limitierte „76 Bicentennial“-Version heraus. Dieser Reverse Thunderbird war genauso gebaut wie sein alter 64er-Vorgänger. Haargenau wurde jedes Detail nachgebaut; etwa die große Kopfplatte und der schlanke durchgehende Hals mit den seitlich angeleimten Bodyflügeln. Lediglich auf der Korpusrückseite wurde auf das leichte Shaping an der Oberkante verzichtet. Ein kleiner Wermutstropfen: Leider wurden die super klingenden Tonabnehmer-Kraftpakete nicht 1:1 nachgebaut. Optisch sehen die 76er Pickups aus wie die Alten, aber klanglich sind sie leider nicht auf Augenhöhe mit den älteren Exemplaren. Allein der eine Tonabnehmer auf dem 66er Non Reverse ist mehr als doppelt so laut wie die beiden Leichtgewichte beim Jubiläums- Model. Was soll denn so etwas? Heutzutage zahlen Gitarrenparts-Jäger Unsummen für alte originale Gibson-Tonabnehmer aus den Sechzigern.

bp4_12_bmu_gibson_thunderbirds_068Spielt man zuerst den 76er-Thunderbird, so ist die Welt noch in Ordnung. Ein angenehmer warmer „Jott Bass“-ähnlicher Ton dringt in die Gehörgänge und löst Wohlempfi nden aus. Auf der Bühne bei größerer Lautstärke kommt das auch sehr gut. Nur die Nebengeräusche der beiden Metall-Pickupkappen sind bei Plektrumanschlag nervig. Und wenn man sich mit dem Daumen abstützt, kann man während des Spiels mit dem Tonabnehmer leicht an den ebenfalls metallischen Pickuprahmen kommen und dadurch hin und wieder ein „nettes“ Klacken verursachen. Ein 76er-Thunderbird war viele Jahre in einem Bluestrio mein Hauptbass, da habe ich dann die Unterkante vom Tonabnehmer mit Isolierband verklebt und zusätzlich ein Schaumstoffpolster unter den gesamten Pickup platziert – dann wurde es dann deutlich besser, denn der Tonabnehmer war nun wesentlich fester in seiner Position. Dieses Wackeln kennt der alte 66er-Tonabnehmer nicht – mit seinen zwei Halterungsschrauben sitzt er perfekt in der Fräsung, und es gibt nichts Störendes beim Spielen. Im Gegenteil: Was für ein Ton; dieser saubere, aber dennoch kellertiefe Basssound ist für meinen Geschmack einfach nur perfekt! Der Ton besitzt alles, was man für ein ausgewogenes Klangbild braucht: Bässe, kräftige Mitten (aber nicht so einen Nasalheimer!), und dazu gibt es noch klare, angenehme Höhen. Das reicht, um als Bassist seine Band zu stützen und druckvoll nach vorne zu schieben – ganz allein durch das Zusammenspiel guter Materialien wie hochwertiges Holz und saubere Verarbeitung, mehr braucht man wirklich nicht! Leider sind 60er-Thunderbirds mit beiden Tonabnehmern schwer zu bekommen. Weil der „Pi-Bass“ von Fender in dieser Zeit so erfolgreich war, wurden die T-Birds auch überwiegend nur mit einem Humbucker versehen. Übrigens hören diese Modelle auf den Namen Thunderbird II, die Exemplare mit zwei Pickups bezeichnet man als Thunderbird IV. Letztere kosten weit über 10.000,– Euro, wenn man denn überhaupt noch ein vollkommen intaktes Exemplar bekommt! Es kommt ja leider bei diesen schlanken und super bespielbaren Hälsen mit der großen Kopfplatte und dem extremen Neigungswinkel nach hinten gar nicht so selten vor, dass sie an der Kopfplatte schnell brechen. Also unbedingt auf den nächsten Wunschzettel für den Weihnachtsmann schreiben: „Thunderbird IV, UNBROKEN“.

bp4_12_bmu_gibson_thunderbirds_070Fest steht auch, dass diese langen „Bass- Bretter“ nichts für kleine Leute sind. Da ist dann ein auf die Dauer etwas mühsames Recken und Strecken angesagt, wenn länger in den tiefen Lagen mit ganz ausgestrecktem Arm gespielt wird. Nein, die T-Birds geizen wirklich nicht mit Länge. Stellt man einen herkömmlichen Bass in einem Ständer neben so einen Donnervogel, so wirkt der „Normalo“ richtig winzig dagegen. Die Non Reverse- Bodyform passt sich für meinen Geschmack dann doch deutlich besser an den Körper an und weist mehr Spielkomfort im Sitzen oder Stehen auf. Mir gefällt auch hier der Gibsontypische angeleimte Hals. Es gibt außer mir übrigens noch einige Kollegen, die ebenfalls davon überzeugt sind, dass die geleimten Hälse auch etwas besser klingen. Diesem Phänomen werden wir aber später irgendwann einmal nachgehen und ausgiebig testen, wenn wir einen guten Thunderbird IV aus den 60ern in den Händen haben. Gelungen finde ich das Schlagbrett beim Bicentennial Thunderbird.

bp4_12_bmu_gibson_thunderbirds_0671976 gab es das Thunderbird-Emblem in Blau, Weiß und Rot, innen sah man die Jahreszahl 76 sowie einige Sterne. Bei den nachgeschobenen 79er-Thunderbirds fehlte diese Zahl, obwohl das Vogeldesign noch bunt war. Beim Non Reverse ist der Vogel schwarz, wie auch bei den anderen älteren T-Birds. Auffällig ist aber auch das extrem schrumpfende Pickguard-Material, weswegen einige Ecken oder Kanten bei den Verschraubungen abplatzen. Die schöne Holzdaumenstütze gab es in den Siebzigern auch nicht mehr. Beim Namenschild oben auf der Kopfplatte ist die Farbe von Gold auf Weiß geändert worden. Die Brücke wurde ebenfalls völlig verändert, und zwar von der zweiteiligen 60er- zur Standard-Brücke aus den 70er-Jahren. Diese hat Gibson auf alle Bassmodelle geschraubt, denn sie bot deutlich verbesserte Einstellungsmöglichkeiten für die Oktavreinheit. Bei den zweiteiligen Brücken war der Weg der Böckchen häufig zu kurz, und außerdem gab es viele Bässe, bei denen die Brücken noch nicht richtig auf dem Korpus platziert waren. Diese Probleme gab es bei den 76ern nicht mehr.

bp4_12_bmu_gibson_thunderbirds_080Eines jedoch haben alle Thunderbirds gemeinsam: ihre extreme Kopflastigkeit. Abhilfe schafft hier ein zusätzlicher Gurtpin auf der Korpusrückseite, wie ihn unsere beiden Bässe aufweisen. Dadurch hängt der Bass schon deutlich besser, aber Richtung Fußboden möchte er trotzdem noch immer. Nun ja, als alter Thunderbird-Spieler kennt man das nicht anders und nimmt es aber für diesen Sound gern in Kauf.

bp4_12_bmu_gibson_thunderbirds_083Langsam aber sicher verschwinden diese schönen Exoten übrigens von der Bildfläche. Deshalb sind sie leider auch auf jeden Fall mindestens preisstabil – noch eher aber trifft man hier auf eine ansteigende Tendenz. Daher sind die alten Gibsons übrigens nicht nur zum Spielen geeignet, sondern auch als gute Wertanlage zu empfehlen. Aber mal ehrlich: Das Spielen sollte schon die Hauptmotivation sein, oder? Ähnlich verhält es sich bei den 76er- Thunderbirds. Es gab damals in Deutschland nur wenige Läden, die ein Exemplar dieser limitierten Serie zum Kauf anboten. Mein erster 76er-Thunderbird kam 1977 aus dem Süden – für stramme 1.680,– DM mit Koffer und Versand. Schon ein Batzen Geld – zum Vergleich: ein 4001 Rickenbacker brachte es zur selben Zeit gerade mal auf 1.380,– DM, und ein Jazz Bass lag ebenfalls zwischen 1.300,– bis 1.500,– DM. Heute ist es fast unmöglich, einen sauberen und originalen 76er- Thunderbird für unter 3.000,– Euro zu bekommen. Sogar bei dieser Serie gibt es einige Bässe, wie den hier abgebildeten Thunderbird, die einen vom Hocker reißen können – nur sind sie wie gesagt leider nicht mit einem älteren T-Bird zu vergleichen. Dieser spezielle 76er hat übrigens über 30 Jahre in den schottischen Highlands an jenem berühmten See, in welchem auch Nessie ihr Unwesen treiben soll, gut behütet auf den nächsten regelmäßigen Basseinsatz gewartet.

bp4_12_bmu_gibson_thunderbirds_072Und noch eine nette Anekdote: Während der Fotosession im Wald kam plötzlich ein großer Bussard mit einer Flügelspannweite von gut eineinhalb Meter in unsere Nähe geflogen, um sich mal seine Vogelkollegen aus Holz von einem dicken Ast aus anzusehen. Wenn da mal nicht etwas Magie mit im Spiel war – ich fand die Situation fast unheimlich, aber klasse!

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Bis zum nächsten Mal, euer Bass Hunter


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(31.08.2012)

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