Was ihr hier seht, liebe Leser und Leserinnen, ist weitaus mehr, als man auf den ersten Blick erkennen kann. Rein oberflächlich betrachtet ist dies „nur“ ein alter Fender Jazz Bass aus dem Jahr 1963 – er verließ also zwei Jahre vor der CBS-Übernahme die kalifornischen Werkbänke. Und natürlich besitzt er die typischen Merkmale der Jazz-Bässe aus der damaligen Zeit: Ahornhals, Erlebody, Vierpunkt- Verschraubung, der Halsstab ist zugänglich über die Korpusseite, und der schmale Erdungsdraht verläuft sichtbar vom Steg-Pickup zur Bridge – um nur einige Features zu nennen. Doch dies nur nebenbei. Das, was uns an diesem Instrument fasziniert, ist seine beachtliche Geschichte – und die ist eng verknüpft mit dem Namen Jaco Pastorius (1951-1987), seines Zeichens der größte Innovator in der Historie des elektrischen Basses. Doch immer der Reihe nach...
In den 70er-Jahren gehörte dieser Bass dem in unmittelbarer Nachbarschaft von Pastorius lebenden Bassisten David Wilkinson in Florida. Ein aus Deutschland stammender gemeinsamer Freund wohnte zur damaligen Zeit zunächst als „room mate“ mit in Jacos Appartement, zog jedoch nach der Hochzeit von Jaco und seiner Frau Ingrid zu David Wilkinson, der noch Platz in seinem Haus hatte. Da Wilkinson viel auf Kreuzfahrtschiffen spielte und oft für Monate nicht zuhause war, bot der „German buddy“ Jaco und Ingrid an, ebenfalls vorübergehend mit in Wilkinsons Haus zu ziehen, als ihr Mietvertrag 1978 auslief. Da ihr neues Haus in Pompano Beach aufgrund von Renovierungsarbeiten noch nicht bezugsfertig war, hätten Jaco und Ingrid ansonsten quasi keine Bleibe gehabt. Natürlich war es nur eine Frage der Zeit, bis der Jazz Bass, den Wilkinson zurückgelassen hatte, Jaco in die Hände fiel, der von nun an regelmäßig auf diesem Bass spielte.
Besonders intensiv übte Pastorius, als er gemeinsam mit John McLaughlin und Tony Williams als Trio Of Doom auftreten sollte. Angestachelt durch die spieltechnische Raffinesse von McLaughlin übte Jaco bei jeder Gelegenheit, und zog sich hierfür oft stundenlang mit dem hier gezeigten Bass in den Garten des Hauses zurück. 1981 zog der deutsche Pastorius-Freund wieder nach Deutschland zurück, doch die Freundschaften zu Wilkinson und Pastorius sollte weiter bestehen. Und siehe da: Als Geschenk brachte Wilkinson den Bass eines Tages zu Beginn der 80er-Jahre mit nach Europa. Hier kommt nun Jürgen Attig ins Spiel – für viele Szenekenner gewissermaßen der „deutsche Pastorius“. Attig hatte sich schon früh intensiv in das Thema der Restaurierung alter Fender-Bässe eingearbeitet und nahm sich liebevoll des heruntergekommenen Basses an. Dem Korpus (er war schon Jahre zuvor komplett entlackt worden) spendierte er ein authentisches Finish aus dem 60er-typischen Nitrolack, ohne die archaisch anmutenden Schnitzkünste von David Wilkinson dabei zu kaschieren. Dieser hatte – möglicherweise nach dem Rauchen inspirierender Substanzen – den unteren Teil der Korpusvorderseite mit Sonne, Mond und Sternen verziert. Da das „Petite’s Poly Poxy“ (ein Zweikomponenten-Epoxidlack) auf dem Griff brett des bereits in früheren Jahren zum Fretless umgebauten Halses schon sehr abgenutzt war, brachte Attig eine neue Schicht aus glashartem 2K-Lack auf – gewissermaßen in bester Jaco- Manier! Leider hat Jaco das Instrument nach der fachmännischen Restaurierung nicht noch einmal zu Gesicht bekommen. Wir sind uns sicher: er hätte seine helle Freude gehabt!
Der heutige Besitzer des Instrumentes ist Hermann Gerlach, Bass-Enthusiast und Geschäftsführer von Harvest Fine Leather (www.harvest-guitar.com), bei dem dieser „Jaco-Bass“ seit 1991 in besten Händen ist. Ein besonderes Bonbon hat sich Hermann Gerlach für die diesjährigen Musikmesse ausgedacht: Zweimal pro Messetag wird Jürgen Attig mit diesem „Jaco-Bass“ am Stand von Harvest Leather (4.0 H14) über authentisches Equipment den Pastorius-Sound zum Leben erwecken.
Neben dem Bass kommen hierfür zum Einsatz: Zwei Acoustic 360 Preamps Bj. 1969/70, zwei Acoustic 361 Cabinets Bj. 1969/70, ein MXR Delay Blue Face (Chorus- Eff ekt) Bj. 1976, sowie ein MXR Delay Black Face (Hold Delay/ Loop-Effekt) Bj. 1979. Ein Event, das man definitiv nicht verpassen sollte! Und wer weiß: Vielleicht schaut ja Jaco himself von oben wohlwollend auf die Performance herunter und erfreut sich noch einmal am Klang dieses Basses, mit dem er so viele Stunden in seiner Heimat Florida verbracht hat.
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(Bass Professor 2/2013 - Ausgabe 69, Seite 10)








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